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Gollacker – wo stehen wir heute?

Am 13.12.2016 hatten wir anlässlich der neuen rot-roten Mehrheit bei Bürgermeister, Magistrat und Stadtparlament auf unserer Webseite folgendes geschrieben:

„Das Neubaugebiet Gollacker wird wieder aus der Schublade kommen. Die Vorteile – erfahrener Investor, dem alle notwendigen Grundstücke gehören, solide Investorenplanung und stabile Nachfrage – sind dabei unverändert. Die kritischen Punkte – notwendiger Ausbau der Kreisstrasse, Anpassung der technischen und sozialen Infrastruktur, Folgekostenabschätzung sowie städtebauliches Gesamtkonzept und Einnahmemöglichkeiten der Stadt – ebenso.“

Inzwischen ist der Gollacker wieder aus der Schublade und die letzten Jahre haben wertvolle Informationen geliefert, um die vermuteten Vorteile – erfahrener Investor, solide Investorenplanung und stabile Nachfrage – näher zu hinterfragen.

Der Investor, der zu Beginn der Planung die Entwicklungskosten (und damit das Risiko) tragen und die Stadt nach erfolgter Vermarktung am Gewinn beteiligen wollte, hat sich zwischenzeitlich entschieden, die betroffenen Grundstücke für € 4 Millionen an die Stadt zu verkaufen. Die Stadt übernimmt nach der Erwerb € 8-10 Millionen Entwicklungskosten, verkauft dem Investor anschließend 4.000 m² erschlossenes Bauland zu Vorzugskonditionen und vermarktet den Rest auf eigene Rechnung. Der Investor verzichtet also auf die erwarteten Vermarktungsgewinne von rund 50.000 m² Nettobauland. Dafür überlässt er aber auch der Stadt risikobehaftete Investitionen in Höhe von € 12-14 Millionen. Kann es sein, dass der erfahrene Investor das Chancen- / Risikoprofil heute anders einschätzt als vor 5 oder 10 Jahren?

Die Planung, jetzt von der Stadt erstellt, hat sich seit Beginn der Planung sehr zum Positiven verändert. Der ursprüngliche Investor hatte Kosten für die Erdverlegung der 110 kV-Stromleitung und für den Schallschutz zur Bahnlinie eingeplant, während die Stadt heute diese Kosten nicht berücksichtigt. Der ursprüngliche Investor hatte Kostenschätzungen aus den Jahren 2008 bzw. 2010 gegen mögliche Vermarktungserlöse auf Basis der damaligen Marktpreise gerechnet. Heute rechnet die Stadt ebenfalls auf Basis der Kostenschätzungen von 2008 bzw. 2010 (verweigert aber Auskunft über eventuellen Kostenanpassungen), reduziert diese um Schallschutz- und Stromleitungsaufwendungen und stellt diesen Kosten zukünftige, d.h. deutlich höhere Vermarktungserlöse als 2010 oder heute gegenüber. Kann es sein, dass diese Kalkulationsbasis der Stadt weniger solide ist als die ursprüngliche des Investors?

Die Nachfrage basiert heute wie zu Beginn der Planungen auf einem für 2015-2030 erwarteten Zuzug sowie einer schrumpfenden durchschnittlichen Haushaltsgröße. Das führt bis 2030 zu einem prognostizierten Wohnungsbedarf zwischen 214 und 429. Demgegenüber hatte der ursprüngliche Investor für den Gollacker bis zu 236 Wohneinheiten vorgesehen. Seitdem sind laut Baustatistik der Stadt in allen Stadtteilen insgesamt knapp 170 neue Wohneinheiten hinzugekommen. In darüber hinaus bereits beschlossenen Baugebieten sollen insgesamt knapp 180 weitere Wohneinheiten entstehen. Damit ist die untere Bedarfsprognose von 214 Wohneinheiten bereits überdeckt. Der ungedeckte Bedarf laut der höheren Bedarfsprognose sinkt von 429 auf rund 80 Wohneinheiten – ohne Berücksichtigung von bestehendem Leerstand, bereits angedachten aber noch nicht beschlossenen Baugebieten oder weiteren Wohneinheiten in z.B. bestehenden Baulücken oder umgenutzten Gebäuden. Gegen diese prognostizierte Bedarfslücke von 80 Einheiten plant die Stadt 153 stark subventionierte, d.h. nicht kostendeckende Grundstücke sowie 4.000 ebenfalls subventionierte m² für den erfahrenen Investor. Damit wäre die prognostizierte obere Bedarfslücke bereits mit rund 100 Wohneinheiten überdeckt – aufgrund der hohen Subventionen mit erheblichem Verlust für die Stadt. Herausreißen sollen es dann 83 weit über der prognostizierten höheren Bedarfslücke liegende Grundstücke, die zu deutlich über derzeitigem Marktwert liegenden Preisen an private Interessenten verkauft werden sollen. Kann es sein, dass diese Vermarktungsstrategie weniger solide ist, als die in der ursprünglichen Betrachtung?

Und schließlich hält die bisher geheim gehaltene Machbarkeitsstudie die Wirtschaftlichkeit für möglich, wenn der Zeitrahmen für Erwerb, Erschließung und Vermarktung zwei Jahren beträgt. Selbst die Stadt geht wegen zahlreicher ungelöster Fragen aber von einer Realisierungsdauer von fünf Jahren aus – was nach den Erfahrungen mit dem Bürgerhaus Ilbenstadt eine eher positive Einschätzung sein dürfte. Kann es sein, die Wirtschaftlichkeit selbst bei optimistischen Kosten- und Vermarktungsannahmen nur mit einer kaum haltbaren Zeitschiene zumindest möglich erscheint?

Jeder Blick in die Zukunft ist unsicher. Und keine der gestellten Fragen sprechen grundsätzlich gegen den Gollacker. Trotzdem scheint es, dass die ursprünglichen Vorteile – erfahrener Investor, solide Planung und stabile Nachfrage – zunehmend schwinden, kritische Punkte hingegen bleiben. Kann es sein, dass deshalb der ursprüngliche Investor Chancen und Risiken der Stadt überlassen hat? Und dass wir hier wieder eine rot-rote Arbeitsprobe zulasten der Steuerzahler sehen?

In diesen Gedankengang passt auch, dass den Gollacker betreffende Fragen – die angeblich schon vor Wochen beantwortet waren – jetzt erst lückenhaft und auch nur mündlich beantwortet wurden. Auf Wunsch des Bürgermeisters sollen diese Antworten noch nicht einmal im Protokoll festgehalten werden (weshalb im Übrigen auch die eine oder andere oben genannte Zahl noch nicht der letzte Stand sein dürfte). Kann es sein, dass wir hier ein weiteres Beispiel Niddataler Demokratie sehen?

Am 13.12.2016 hatten wir unseren Gollackerkommentar mit folgenden Worten abgeschlossen:

„Vor diesem Hintergrund unterstützt die FDP wie in der Vergangenheit ein sachliches Abarbeiten ungeklärter Punkte und bietet dazu weiterhin eine konstruktive Unterstützung an. Sofern die bekannten und offenen Punkte geklärt und ein stimmiges Gesamtbild entsteht, wird die FDP dieses unvoreingenommen prüfen.“

Dem gibt es auch zwei Jahre später nichts hinzuzufügen. Die gestellten Fragen sprechen nicht grundsätzlich gegen den Gollacker. Alles spricht aber gegen eine mangelhaft geplante, nur in Hinterzimmern unter Freunden verhandelte und anschließend ungenügend gemanagte Großinvestition der Stadt Niddatal. Dies gilt insbesondere, da bereits deutlich kleinere Projekte wie die Sanierung des Bürgerhauses Ilbenstadt sowohl der Stadt als auch der rot-rote Mehrheitsfraktion ihre handwerklichen Grenzen zeigen.


9. Februar 2019

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